Gisa und Steffi Klaunig sind zwei ehemalige Handballbundesligaspielerinnen beim HSG Blomberg-Lippe. Sie sind zurzeit auf Weltreise und haben dabei auch einen sechswöchigen Zwischenstopp bei PLAY HANDBALL eingelegt. In folgendem Interview mit der HSG berichten sie von ihren Erlebnissen.
HSG: Wie wir wissen, seid ihr momentan auf einer längeren Reise. Was hat euch dazu bewogen, eine längere Zeit in Südafrika zu verbringen?
KLAUNIG: Die Idee von „Nico“ ist nun 10 Jahre alt, aber so richtig gestartet ist sie im Jahr 2014. Zu der Zeit habe ich (Steffi) mein Studium beendet und schon damals über ein Jahr als Volontär in Südafrika nachgedacht. Das habe ich aufgrund anderer Verpflichtungen damals aber nicht in die Tat umgesetzt. Nun, einige Jahre später, kam mir bei der Planung unserer Weltreise wieder die Idee, das Handball-Projekt zu unterstützen. Wir wollten, wenigsten für eine kurze Zeit, das wahre Leben kennen lernen – echte Menschen mit anderen Werten, anderen Kulturen und anderen Einstellungen. Darüber hinaus wollten wir „etwas Gutes tun“. Helfen, wo Hilfe gebraucht wird. Und was können wir zwei besser, als uns mit dem Handball zu beschäftigen. J
HSG: Wie lange seid ihr in dem Projekt und wie lebt ihr dort vor Ort?
KLAUNIG: Wir sind für sechs Wochen in einem Vorort von Kapstadt, der sich „Atlantis“ nennt, untergebracht. Hier leben wir in einer netten Gastfamilie. Eine junge Mutter mit zwei Töchtern (17 und 6 Jahre) und ihrem 19-jährigen Bruder. Die Behausung ist einfach. Die Familie schläft zu viert in einem Raum, da sie uns ein Schlafzimmer zur Verfügung gestellt hat. Auch sonst sind die finanziellen Mittel der Familie überschaubar. Die Gegend ist sehr kriminell, sodass die Kids nicht auf der Straße spielen können und auch wir dürfen nicht alleine das Haus verlassen.
HSG: Fühlt ihr euch dennoch wohl?
KLAUNIG: Ja. Wir fühlen uns sicher, denn die Menschen in unserer Umgebung achten sehr darauf, dass es uns gut geht. Und es ist auch genau das, was wir erfahren wollen. Mal raus aus der eigenen Komfortzone, eigene Grenzen überwinden und sehen, wie manche (sicher nicht alle) Menschen am anderen Ende der Welt leben. Mit wie viel – oder wenig – sie zufrieden und glücklich sind. Mit welcher Herzlichkeit und Offenheit sie den Menschen begegnen, ohne sich jemals zu beklagen. Das würden wir uns von dem ein oder anderen deutschen Mitbürger auch gelegentlich wünschen.
HSG: Und tagsüber werdet ihr an Grundschulen als Handballtrainer eingesetzt?
KLAUNIG: Ganz genau. Die Sportart kennt hier kaum jemand, sodass wir versuchen, sowohl den Kindern und Jugendlichen als auch den Lehrern unseren tollen Sport zu vermitteln und sie dafür zu begeistern. Unser Ziel ist nicht nur, die Sportart Handball an den Schulen zu implementieren, sondern dass auch über unseren Aufenthalt hinaus weiter Handball gespielt wird.
HSG: Ist das die Vision von Nicola Scholl und PLAY HANDBALL?
KLAUNIG: Ja unter anderem. Angefangen in einem Sportentwicklungsprojekt als Volontär, reifte in Nicola die Idee, die sportlichen Strukturen in Südafrika zu verbessern, die Teamsportart Handball dafür zu nutzen und dadurch kulturelle Grenzen zu überwinden. Der Sport hat einen positiven Einfluss auf die Gemeinden und die persönliche Entwicklung der Kinder und Jugendliche vor Ort.
HSG: Und wie wird das umgesetzt?
KLAUNIG: PLAY HANDBALL ist eine Sport- und Entwicklungsorganisation und unterstützt dabei lokale Partnerorganisationen in benachteiligten Gegenden durch Trainerworkshops und beim Aufbau von Sportangeboten. Die freiwilligen Helfer (uns eingeschlossen) trainieren Mädchen und Jungen im Sportunterricht und Nachmittagsbereich einer örtlichen Schule. Sie versuchen dabei handballspezifische Kompetenzen aufzubauen sowie diese zur Förderung der Sozialkompetenz einzusetzen. Sie geben den Schülerinnen und Schülern Selbstvertrauen, Fähigkeiten und Wissen und fördern ein Sportumfeld, indem sich jeder wohlfühlen kann und kein Kind ausgeschlossen wird.
Um Kinder aller Hautfarben und Geschlechter zusammenzubringen, organisieren Nicola und ihr Team darüber hinaus regelmäßig Turniere, bei denen die Teams nicht nur Handball spielen. Gleichzeitig nutzt man die Gelegenheit, um Themen wie Nachhaltigkeit, wie Recycling und Abfallvermeidung, in das Bewusstsein zu rücken. Durch den Sport lassen sich auch solche Themen wunderbar transportieren.
HSG: Das hört sich sehr vielseitig an!
KLAUNIG: Das ist es auch. Und eine Mammut-Aufgabe. Die Strukturen sind an jeder Schule und in jeder Region anders. Dazu ist die Mentalität der handelnden Personen verschieden. Aber Nicola hat es geschafft, eine kleine Schulliga zu etablieren. Sie arbeitet akribisch daran, den Handball im Lehrplan der Schule zu verankern und erstellt für Trainer und Lehrer Trainingsstunden, um es ihnen einfacher zu machen, Handball zu unterrichten. Wir haben großen Respekt vor der Arbeit, die das PLAY HANDBALL Team Tag für Tag leistet. Aufopferungsvoll versuchen sie, Sport in Südafrika zu fördern, um Kindern von der Straße weg eine Alternative und eine weitere Konstante im Leben zu geben. Wir sind nur sechs Wochen Teil dieses großartigen Projekts und können vielleicht – wenn überhaupt – nur ein kleines Steinchen ins Rollen bringen, aber das Team von PLAY HANDBALL bewegt weit mehr in den Kindern. Sie sind es, die den Kindern und Jugendlichen eine Perspektive geben!
HSG: Das ist toll! Vielen lieben Dank euch beiden für den kurzen Einblick. Ein lobenswertes und erwähnenswertes Projekt, das auch wir gerne unterstützen wollen.
KLAUNIG: Vielen Dank und liebe Grüße an alle HSG-Fans!