“Ich habe Südafrika von einer ganz anderen Seite kennenlernen dürfen und bin Teil einer Community geworden. Einer Community, die mich herzlich aufgenommen hat und mir gezeigt hat, was „Ubuntu“ bedeutet.“

Sophia ist seit zwei Monaten als Freiwillige bei „PLAY HANDBALL ZA“ in Daveyton, Johannesburg. Im Johannesburger Nord-Osten erlebt sie das „Township“Leben und hilft unserem Partner Sports Initiative Projects an bis zu sieben Grundschulen Handball als Teil des Nachmittags-Bereiches einzuführen.

PLAY HANDBALL: Warum ist Handball für Dich wichtig und was gibt er Dir?

Sophia: Handball ist ein Teamsport, bei dem jeder einzelne Spieler entscheidend in einem Spiel ist. Das merkt man, sobald man mit seinem Team auf der Platte steht. Handball hat mich gelehrt, Verantwortung zu übernehmen und meine Mitspieler zu unterstützen. Handball hat mir gezeigt, was es bedeutet, ein Team zu sein – sowohl bei Siegen als auch bei Niederlagen, sowohl auf dem Feld als auch neben dem Feld.
Neben zahlreichen Lehrstunden hat mir der Sport vor allem viele neue Freunde gebracht, die über die Jahre inzwischen zu einer zweiten Familie für mich geworden sind.

PLAY HANDBALL: Wie hast Du von PLAY HANDBALL ZA gehört?

Sophia: Das erste Mal von der Organisation habe ich 2017 beim Tag des Handballs gehört, als ich Freiwillige traf, die Play Handball ZA mit einem Informationsstand repräsentierten.

PLAY HANDBALL: Warum hast Du Dich entschieden, ein Handball-Freiwilliger in Südafrika zu werden?

Sophia: Nach 12 Jahren Schule wollte ich etwas von der Welt sehen und andere Kulturen kennenlernen, ehe es mit Theorie und Lernen im Studium weitergeht. Afrika mit seiner Kultur, die so unterschiedlich von der deutschen ist, hat mich schon immer fasziniert. Und als ich dann von Play Handball gehört habe und dass ich als Freiwillige mit Handball, dem Sport, der mich seit Jahren in meinem Leben begleitete, in Südafrika Projekte unterstützen kann, stand meine Entscheidung – Das will ich machen

PLAY HANDBALL: Seit wann bist Du ein Handball Freiwilliger in Südafrika?

Sophia: Anfang Juni bin ich angekommen. Also sind es jetzt ziemlich genau 2 Monate. Die Zeit fliegt! Nur noch ein Monat…

PLAY HANDBALL: Erzähl uns etwas über Deine bisherige Arbeit als Freiwilliger.

Sophia: Vormittags arbeite ich in einer Schule und gebe Sportunterricht. Nachmittags gebe ich dann jeden Tag an einer anderen Schule Handballtraining. Es ist schwer, die Arbeit zusammenzufassen. So ist kein Tag wie der andere. Und ich habe schnell gelernt, dass man mit fixen Plänen hier nicht weit kommt und dass Spontanität und vor allem Flexibilität sehr wichtig sind. Für die Sporteinheiten habe ich fünf Handbälle, Hütchen und Leibchen. Das bedeutet für mich: Back to the roots. Keine großen Aufbauten für Gerätebrennball und Co. Aber es macht einfach eine unfassbar große Freude zu sehen, wie sehr sich die Kinder auch über die „einfachen“ Spiele freuen und dass es gar nicht einen so großen Aufwand benötigt, um sich körperlich zu betätigen.

PLAY HANDBALL: Was war das unvergesslichste Erlebnis?

Sophia: Mein absolutes Lieblingserlebnis war während meiner ersten Woche. Es war der erste Besuch für mich in einer südafrikanischen Grundschule und ich sollte ganz spontan (Und auch völlig unvorbereitet) eine Sportstunde geben. Dazu hatte ich eine vertrocknete Grünfläche, keine (Sport-) Utensilien, 20 Minuten Zeit und auf einmal zwei ganze Schulklassen, die es zu beschäftigen galt. Also habe ich kurzer Hand Brückenticken mit ihnen gespielt. Und nach ein paar Anlaufschwierigkeiten lief es dann auch ganz gut. Am Ende der „Sportstunde“ wollten wir dann noch mit allen ein Erinnerungsfoto machen und als die Lehrerinnen gerade dabei waren, alle zu positionieren, kam ein Mädchen von hinten und hat mich – ohne auch nur ein Wort zu sagen – umarmt. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie eine so tiefe und unfassbar ehrliche Dankbarkeit verspürt als bei dieser Umarmung von dem kleinen, vielleicht 8-jährigen, Mädchen. Worte waren völlig überflüssig. Und die Dankbarkeit, die mir dieses kleine Mädchen mit der Umarmung gegeben hat, war begründet in 20 Minuten Brückenticken… Das war für mich ein unglaubliches Gefühl, weil es mir gezeigt hat, wie schnell man eigentlich Menschen glücklich machen und helfen kann…

PLAY HANDBALL: Was war die größte Herausforderung bisher?

Sophia: In einer Woche sollte das erste Turnier stattfinden, bei dem mehrere Schulklassen gegeneinander spielen sollten. Für das Nachmittagstraining besuchte ich eine der Schulen. Brian hatte mir aufgetragen, dass sie einfach nur Handball spielen sollten, um für das Turnier zu üben. Leichtes Spiel, dachte ich. Einfach zwei Teams, ein Ball und Abfahrt. Dachte ich… Denn als ich ankam, stellte sich heraus, dass sie vorher noch nie etwas von Handball gehört hatten, geschweige denn gespielt hatten… Ach du heilige Makrele! Wie sollten die Kinder denn in einer Woche ein Turnier spielen?? Die Trainingseinheit lief gut – sehr gut sogar. Die Kinder waren ehrgeizig und super motiviert, so viel wie möglich zu lernen, sodass sie bei dem Turnier möglichst gut abschneiden würden. Am nächsten Mittwoch fand der Vergleich mit den anderen Schulen statt und hätte ich nicht gewusst, dass sie zum ersten Mal die Woche davor einen Handball in der Hand gehalten hatten, hätte ich es nicht gesehen. Ich war beeindruckt. Beeindruckt von den Kindern, wie schnell sie es gelernt hatten. Und beeindruckt vom Handball. Dass es nicht viel benötigt, um es zu spielen – zwei Teams, einen Ball. Das war’s. Keine großartige Ausstattung oder besonderes Vorwissen ist nötig, um Freude an diesem Sport zu haben.

PLAY HANDBALL: Wie erlebst Du das Handball-Coaching in der Schule/Gemeinschaft?

Sophia: Es ist eine einzigartige Erfahrung. Ich wurde vor Herausforderungen gestellt, die ich in Deutschland so niemals bekommen hätte. Und ich habe gelernt, dass es immer eine Lösung gibt – vor allem wenn man zusammen arbeitet.

PLAY HANDBALL: Glaubst Du, dass Deine Arbeit einen Einfluss hat?

Sophia: Als „kleine Freiwillige“ hatte ich mich anfangs gesehen, die gekommen ist, um den Kindern eine Möglichkeit für Sport zu geben. Was ich nicht gewusst habe: Die meisten Kinder und Jugendliche, die Sport treiben, machen es deswegen, weil es eine Ablenkung – eine andere Option – von Drogen und Alkohol ist. Auch die Lehrer kamen zu mir und bedankten sich bei mir für die Sporteinheiten, weil sie selbst nicht wüssten, was sie mit den Kindern machen sollten, was sie ihnen bei bringen könnten, wenn es um Sport ginge. Also zu der Frage, ob meine Arbeit Einfluss hat: Ja, das hat sie. Ich werde nicht die Welt verändern oder Südafrika zu einem besseren Land machen können. Aber wenn ich mit meinem Training auch nur ein Kind glücklich machen und von Drogen ablenken kann, so hat meine Arbeit Einfluss auf eine kleine Welt – und das ist genug.

PLAY HANDBALL: Wie ist das Leben mit einer südafrikanischen Gastfamilie?

Sophia: Ich habe Südafrika von einer ganz anderen Seite kennenlernen dürfen. Nicht von der Touristenseite, die vermutlich die meisten aus Deutschland sehen, wenn sie hier her reisen. Ich bin Teil einer Community geworden. Eine Community, die mich herzlich aufgenommen hat. Die mir Dinge gezeigt hat und mich zu Events mitgenommen hat, die ich als Tourist niemals gesehen hätte. Und die mir gezeigt hat, was „Ubuntu“ bedeutet.

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