Stellenbosch, 01.06.17

Zwei Monate bin ich jetzt schon hier in Stellenbosch, einer Studentenstadt in Südafrika, nicht allzu weit entfernt von Kapstadt, und inzwischen werde ich von den Nachbarn, den Lehrern und vor allem all diesen vielen Kindern auf der Straße gegrüßt wie ein guter Freund.Regelmäßig werde ich von den ganz kleinen Schulgängern durch Umarmungen gestoppt und auch die Eltern haben angefangen interessierte Fragen zu stellen, die ich natürlich gerne jedem beantworte: „Bist du ein Student?“ – Nein, ich bin temporär als Volontär aus Deutschland hier und nein, ich mache das unentgeltlich. „Ist Handball sowas wie Basketball?“ – Es gibt Parallelen, aber es hat auch was von Netzball, Fußball und anderen Sportarten. „Kennst du die anderen Deutschen alle aus Deutschland?“ – Nein, sooo klein ist Deutschland auch wieder nicht.

Zu Beginn war es mir am wichtigsten, mich persönliche an die hiesigen Lokalitäten und Gebräuche zu gewöhnen. Ich kann nur sagen, die gesamte Lebenseinstellung in diesem Teil der Welt ist nicht mit der strikten Planung und Terminierung, die ich aus Deutschland gewohnt bin, zu vergleichen. Es ist aber definitiv eine gute Erfahrung, wenn man sich auf eine gewisse … Flexibilität einstellen kann und seine eigenen Angelegenheiten selbst vorantreibt. Die größte Hilfe in dieser Phase waren mir die anderen Volontäre, die mir ihren Schul- und Freizeitablauf gezeigt haben und mit denen ich permanent in Kontakt bin und Events zwischen den Schulen oder Wochenendausflüge plane.

Nachdem ich in ‚meiner‘ Schule vorgestellt worden war und die Vereinbarungen mit den Lehrern getroffen hatte, wann ich welche Klasse für Handball rausnehmen kann, wurde ich schnell als Coach, der die Handbälle hat, zum Held aller Schüler. Denn leider ist genereller Sportunterricht hier an den Schulen die Ausnahme und selbst die Fußball- und Netzball-Schulmannschaften und -Clubs sind sehr monogeschlechtlich und nicht für die Jüngeren. An dem Punkt springen wir ein und bieten die Gelegenheit, diese Lücke zu schließen.

Inzwischen habe ich gewisse Routinen etabliert und Grundregeln aufgestellt, etwa bezüglich der Sportkleidung oder der Tatsache, dass keiner sich einfach mittendrin hinsetzt, weil er erschöpft ist. Ja, liebe Kinder, das nennt man Sport, das soll anstrengend sein und ihr haltet es auch länger als fünf Minuten aus, weil wir das jetzt zusammen als Gruppe machen. Es ist also gerade bei den Jüngeren weniger Handball und mehr generelles Benehmen bei Teamspielen und viel Anti-Quengel-Training. Aber so anstrengend es manchmal auch ist, die Freude der Kinder, geglückte Schulstunden und Schüler, die stolz ihr Können zeigen, sind es allemal wert. Und ich bin Auslöser und ein Teil davon, ein richtig gutes Gefühl und die beste Bestätigung dafür, hergekommen zu sein.

Damit gerade aus dem Handball-Part auch mal ein Schuh wird und wir eine Beschäftigung für die Kinder an den viel zu vielen alternativlosen Nachmittagen haben, hat an allen teilnehmenden Schulen hier vor einigen Wochen ein regelmäßiges Nachmittagstraining angefangen, für alle von der vierten bis zur siebten Klasse, geleitet vom jeweiligen Volontär. Dabei werden alle Ziele unserer Organisation weiter verwirklicht: u.a. gemischte Teams beider Geschlechter und aller Hautfarben, hochwertiges Training mit allen wirklich Interessierten, die Möglichkeit, lokale Trainer zu gewinnen, und die gesunde Alternative für die Kinder zur Straße mit ihren zwielichtigen Gestalten. Die Motivation dieses Trainings ist das Versprechen auf zukünftige, regelmäßige Matches gegen andere Schulteams und wow, das zieht bei den Kindern. Trotzdem ist das Pflichtgefühl gegenüber einem kostenlosen Training und das damit verbundene Erscheinen bei vielen noch sehr sprunghaft.

Womit wir allerdings noch mehr an jeder Schule zu kämpfen haben, ist fehlendes Material oder der Tatsache, dass es schlicht gar keine Sporteinrichtungen oder -plätze gibt. Da ist viel Improvisation und Kommunikation gefragt, aber bisher gab es noch immer eine Lösung. Eine weitere Schwierigkeit stellen die bereits erwähnte Fußball- und Netzballteams dar, die leider trotz allen Einschränkungen für neue Mitglieder so dominant sind, dass wir mit unserem Training aktiv ausweichen und um Teilnehmer kämpfen müssen. Das ist das Kreuz unseres hier noch neuen Sports. In Kapstadt, zum Vergleich, ist Play Handball schon länger aktiv und hat bereits eine Schulliga gestartet. Auch nehmen immer mehr andere Organisationen und lokale Bewegungen Handball in ihr Programm auf und integrieren es in beispielsweise einwöchige Feriencamps. Ich habe das Resultat gesehen; was da wieder rauskommt, sind richtige, freiwillig täglich gedrillte Handballspieler. Die Kinder sind also heiß auf diesen Sport.

Wie auch immer, demnächst sind hier Examen und danach Ferien, daher bereite ich nun alles für meinen Nachfolger vor und plane eine Abschlussfahrt, man ist ja nicht alle Tage hier unten auf der Weltkarte. Und an den letzten Tagen gehe ich nochmal durch alle Schulen (ja, ich habe mich überall mal regelmäßig eingebracht) und lasse mich von hunderten, todunglücklichen Kindern herzlich verabschieden. Da muss man doch einfach irgendwann wiederkommen, oder?

Text: Alexander Reiser

 

      

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