Meine Motivation in den letzten Jahren war es, Handball und die Kultur in anderen Ländern zu erleben, Neues über Handball zu lernen und gemeinsam mit Personen vor Ort zu unterstützen. Von PlayHandball hatte ich während meines Studiums gehört, als die Idee aufkam, ins Ausland zu gehen und mit Handball weitere Erfahrungen zu sammeln. Verwirklicht wurde es dann erst nach dem Master-Abschluss im Rahmen meiner Handball-Weltreise. Aus dieser ist durch Corona „nur“ eine Europa- und Afrika-Reise im Sinne des Handballs geworden. Von Norwegen, nach Dänemark über Frankreich und Spanien nach Portugal konnte ich in ca. 14 Monaten den europäischen Handball besser kennenlernen. Anschließend führte mich meine Reise für weitere 4 Monate nach Kenia und Südafrika zu PlayHandball. Im folgenden berichte ich von meinen Einblick meiner Erlebnisse und Erfahrungen bei PlayHandball in Kenia und Südafrika geben.
Mitte Februar 2022 ging es nach Nairobi – Kenia, zu der bereits bekannten Carol Nange – Kenia-Verantwortliche von PlayHandball. Carol konnte ich schon für eine Woche im Dezember 2019 in Berlin empfangen und dementsprechend freute ich mich auf das Wiedersehen. Sie hatte damals Deutschland besucht, um die Partner von PlayHandball kennenzulernen – also ähnlich wie ich jetzt. In Nairobi hielten wir gemeinsam einen dreitägigen Workshop mit Coaches aus ganz Kenia ab. Anschließend durfte ich die Gehörlosen-Nationalmannschaft trainieren. Hier war es für mich super spannend, mit visuellen, statt akustischen Signalen zu arbeiten; Ein Pfiff hatte keine Wirkung, eine Prellbewegung als Auftakt jedoch schon. Natürlich blieb auch Zeit, den Nationalpark zu besuchen und die Stadt kennenzulernen. Da hat mir vor allem Mathare – Slum in Nairobi – sehr zu denken gegeben, da es meine erste Erfahrung mit solcher Armut und für mich unwohnlichen Umständen war. Umso beeindruckter war ich, als ich verstand, welchen Weg die Familie Nange (aufgewachsen in Mathare) genommen hat und wo sie nun steht.
Im Anschluss an Nairobi besuchte ich die Partnerorganisation PendoAmani in Juja und den deutschen Freiwilligen vor Ort, Simon Gorholt. Ich zog zu seiner Gastfamilie und unterstützte seine Projektarbeit an Schulen mit seinem kenianischen Counterpart Panfied. Besonderes Highlight war ein großes Schulturnier, bei dem wir vorher noch mit Kreide die Felder gezogen haben. Nicht das letzte Mal! Danach haben ich die Gelegenheit genutzt und auch die schöne Natur in Kenia zu erleben. Gemeinsam haben wir eine geführte Mount-Kenya-Wanderung unternommen. Nach der 5-tägigen Wanderung ging es zu einem nächsten Highlight in die Masai Mara. An PlayHandball’s Partnerschule in Narok haben wir zusammen mit Brian (auch TYCE Jugendtrainer), Victor (PlayHandball Coaches Koordinator) und Panfied ein einwöchiges Handball Camp in einer Masai Schule ausgerichtet. Es wurde Handball von Null auf erlernt, die Kreativität in kleinen künstlerischen Darbietungen gefördert, und zwischendurch waren wir Teil einer traditionellen Schlachtung einer Ziege. Am vorletzten Tag habe ich nicht schlecht gestaunt. Als Simon und ich zum Frühtraining auf den Platz kamen, standen bereits die Tore aufgebaut auf dem Feld und die Kids spielten in selbstorganisierten Mannschaften ganz ordentlichen Handball. Nach dem Camp besuchten wir noch für drei Tage die Massai Mara. Eine Safari, die ich nie vergessen werde. Anschließend trennten sich unsere Wege und Simon fuhr zurück nach Juja und ich besuchte PlayHandball’s Partner Projekt „Empower Girls Plus“ – geleitet von Ruth Moodie – in Kisumu. Dort wurde mir bewusst, wie wichtig der Sport für die Nachmittagsgestaltung und die Entfaltung der Jugend ist. Ruth und Movet in Kisumu spielten jeden Tag mit den Kids Handball auf einer großen freien Grünfläche. Dabei fragte ich mich erst, wie man 3-4 h täglich Handball trainieren kann. Bis ich bemerkt habe, dass dies eine reine „Bolzplatz“ Mentalität sei. Lieber direkt nach der Schule mit dem Ball in der Hand und zu Sonnenuntergang nach Hause, als durch Langeweile auf die schiefe Bahn zu geraten. In Kisumu besuchten wir dann die Hilfsprojekte von Empower Girls Plus und unterstützen ein Waisenhaus mit Lebensmittel für den kommenden Monat. Beim abschließenden großen Turnier haben wir nicht nur mit Kreide die Linien gezogen, sondern uns schnell selbst aus Holzbalken die Tore gebaut. Anschließend ging es für mich über die Städte Nakuru und Naivasha zurück nach Nairobi und von dort nach Südafrika.
In Kapstadt habe ich in den ersten Tagen die deutschen Freiwilligen vor Ort unterstützt. So konnte ich direkt beim Training an den örtlichen Schulen helfen und leitete zudem ein Training des Handball Club CapeStars. Am Wochenende hat PlayHandball ZA einen zweitägigen Trainerworkshop – geleitet von Nicola und mir – für das Western Cape veranstaltet. Hier konnte ich selbst nochmal viel von Nicola über die Einführung von Handball lernen. Wenn mal kein Handball auf dem Programm stand, führte mich Nicola auf Abenteuerlustigen Pfaden den Tafelberg hoch und zeigte mir die wunderschönen Strände des Kaps. Anschließend ging es für mich in die ländlichen Communities (Lambert’s Bay, Graafwater, Darling, Piketberg) zu den anderen Freiwilligen in Südafrika. Mehrere Trainingseinheiten in den Schulen und Workshops mit den LehrerInnen wurden durchgeführt, bevor es zu einem wahren Naturspektakel zum Wandern und Klettern in die Cederberg Mountains ging. Anschließend war ich auf eigene Faust für ein paar Wochen unterwegs. Ich nutzte diese Handballfreie Zeit, um die Garden Route zu erkunden und um mit meiner Familie ein Roadtrip von Johannesburg aus zu starten.
In den letzten 2 Wochen in Johannesburg standen wieder viele Trainingseinheiten in den Schulen und Workshops mit den LehrerInnen an. Das Highlight war dann ein Coaching Workshop in der Deutschen Schule Johannesburg. Hier wurde ich vom PlayHandball Partner „Sport Initiative Projects“ gehostet. Bongani (Leiter der Organisation) und Linah (ebenfalls TYCE-Freiwillige) begleitetet mich in einer abwechslungsreichen Woche in Gauteng. Ein Bonus für die Teilnehmenden der drei Workshops in Kenia und Südafrika war, dass allen die Learn.Handball App zur Verfügung gestellt wurde, die sie dann auch nach meinem Besuch in ihrer Trainingsplanung unterstützen kann.
Nach 118 Tagen in Afrika ging mein Flieger zurück nach Deutschland. Highlights dieser Reise sind natürlich:
… die handballerischen Herausforderungen. Die Situation, Kinder ohne Schuhe auf steinigen Sandplätzen einen alten Handball hinterher zu jagen und in ein improvisiertes Tor aus Hütchen zu werfen, zeigte wieder einmal, welche Kraft der Sport besitzt. Dazu sind die Schwierigkeiten, Sprachbarrieren zu umgehen und trotzdem methodisches Handballtraining zu machen, ungleich höher als in Deutschland. Denn wie beschäftigst du 30 Kids mit 4 Handbällen in 30 Minuten Trainingszeit zb. sinnvoll und entwickelnd?
… die atemberaubende Natur. Seien es die Bergketten der 12 Apostel in Kapstadt, der Sonnenaufgang am Mount Kenya mit knapp 5000 m, die Cederberg Mountains oder die vielen wunderschönen Strände am atlantischen oder indischen Ozean.
… ein kleiner Teil vom Leben der Menschen zu sein, welche so viel Energie und Liebe in die Entwicklung und Verbreitung des Handballsportes investieren. Und dies ehrenamtlich neben all den alltäglichen und strukturellen Herausforderungen in Afrika. Ich hoffe sehr, die Möglichkeit zu nutzen, weitere TrainerInnen aus Deutschland und Europa dazu zu motivieren, diese Länder und den Kontinent im Sinne des Handballsportes zu besuchen. Man tausch viel Wissen und eigene Ressourcen gegen unvergessliche Momente und Erfahrungen.
Danke Play Handball!
Martin Berger.